Mittwoch, 18. August 2010

Dinge

BRIC Staat, Globalisierung, Expat Communities und mehr. Ausländer sein kann trotzdem manchmal schwer sein, weil Dinge fehlen. Dinge die vorher einfach waren, Dinge denen man mit fast schon nihilistischer Gleichgültigkeit begegnet ist, Dinge, die eigentlich gar keine Dinge sondern Situationen, Situationen, die eigentlich gar keine Situationen sind sondern Augenblicke, Augenblicke, die Heimat bedeuten obwohl man sie zuvor nie wahrgenommen hat.
Es sind die Dinge, die man vermisst und auf die man sich freut wenn man ankommt, zurückkommt, und wach ist und gelehrt sie zu bemerken.

Spricht man darüber was man im fremden Land, fern der Heimat vermisst, so fallen einem Kölsch ein, oder Mettbrötchen, danach vielleicht Sicherheit, Organisation, die Autobahn, schnell schiebt man noch ein „und natürlich meine Freunde und Familie“ hinterher. Aber all das ist es nicht, was ich meine.

Ich meine den Klang eines Biergartens im Sommer.
Ich meine die gemeinsame Stille die nach jahrelanger Freundschaft ihre Peinlichkeit verloren hat.
Ich meine das „Mitreden können“ wenn Kinderserien und –Lieder zitiert werden.
Ich meine den Duft der Luft nach einem Sommergewitter.
Ich meine die aufgewirbelten Blätter im Herbstwind.
Ich meine das Klingeln einer Fahrradklingel auf dem Radweg.
Ich meine das Vogelgezwitscher das man hört, wenn im Sommer spät die Sonne untergeht.
Jahreszeiten.
Ich meine die Ruhe kurz bevor der erste Schnee fällt.
Ich meine die Soundkulisse der Muttersprache in einer Menschenmenge.
Ich meine die Vertrautheit von Bäumen und Pflanzen, selbst an unbekannten Orten.
Ich meine den Geruch einer Bäckerei am Sonntag Nachmittag.
Ich meine das Klacken des Zeigers einer Bahnhofsuhr an einem leeren Bahnsteig.
Ich meine die Vertrautheit die in der Luft liegt und einen bestärkt.

Ich meine, Papa in den Arm nehmen zu können wenn er eine traurige Nachricht überbringt anstatt sprachlos und traurig am Telefon zu sitzen, auf der anderen Seite der Welt.

Freitag, 6. August 2010

Raubüberfall

Von der Liste der aufregenden Erlebnisse Südamerikas kann ich nun wieder eins streichen. Und nein, ich rede nicht von den 3 Wochen Konferenz mit 20 bierbäuchigen Kollegen, obwohl auch dass eine Rubrik verdient hätte... Nein, nein. Ich bin tatsächlich überfallen worden. Und dass nicht allein, sonder zusammen mit Mari und Alessa.

Aber ich sollte von vorne anfangen.

Alessa und Mari haben letzten Freitag (30.06.2010) ihre diesjährige Backpacking Reise angetreten. Auf dem Programm stehen Brasilien / Paraguay / Bolivien / Argentinien, oder was davon eben möglich sein wird in 5 Wochen.
Der Flug ging zunächst nach Rio de Janeiro, da musste ich also natürlich auch hin. Ich liebe Rio, und dann am Wochenende, und mIt Alessa und Mari, das lässt man sich ja nicht entgehen.
Um 18h hab ich die beiden also am Flughafen in Empfang genommen und dann gings mit dem Taxi einmal quer durch die Stadt nach Humaitá zu meinen wunderbaren IE Kumpels Rafael und Rodrigo, die so lieb waren uns ihr Gästezimmer anzubieten. Wir waren dann noch etwas trinken, mit Blick auf Rio's Marina, und dann ging es auch bald ins Bett denn jet lag, Arbeit und Co. hatten ihre Opfer gefordert.
War aber auch besser so, denn am nächsten Tag sind wir schon früh aufgestanden um zur Christus Statue auf dem Corcovado zu fahren. Wir haben Tickets für 11h bekommen und hatten von oben eine super Aussicht... also, nachdem wir uns durch die Massen gekämpft hatten... :D
Danach sind wir nach Leblon, dem wohl sichersten reichen nicht-touristischem Stadtteil mit schönem Strand direkt neben Ipanema. Von dort haben wir uns in Etappen fortbewegt: Füße ins Wasser, im Sand sitzen, spazieren, auf der Promenade sitzen, einen Caipi trinken, Füße ins Wasser, noch einen Caipi trinken, spazieren, ... bis wir in Ipanema waren. Rodrigo und Rafa waren zu einer Hochzeit gefahren und wollten erst Sonntag nachmittag wiederkommen, also sind wir heim, haben uns umgezogen und sind was essen gegangen und haben gequascht. Ein relaxter schöner Tag.

Genauso wollte wir am nächsten Tag natürlich auch weitermachen, aber da kam wohl was dazwischen. Nach dem Frühstück wollten wir uns in Rio's Zentrum die auf der Touristenkarte gepriesene Kirche und das Theater angucken. Ich hatte am Abend vorher schonmal drüber nachgedacht ob ins Zentrum zu fahren wohl so eine gute Idee sei, da es Sonntags da total leer ist (es sitzen hauptsächlich Banken und große Bürokomplexe dort), aber dann konnte ich mir auch wiederum nicht vorstellen dass die Kirche inklusive der Messe Zeiten im Lonelyplanet und der Tourikarte stehen, ohne Warnung, wenns da gefährlich wär. Ich ging davon aus dass da wohl Security ist. Und ne Menge Touris halt.
Es waren aber nur ne Handvoll Leute da. In der Kirche eine Familie mit Kindern, auf der Straße ein paar Jugendliche. Und dann sind wir statt links rum geradeaus gelaufen, in der Annahme aus der Richtung seien wir auch gekommen. Schon nach 20 Metern war uns klar dass dem nicht so ist, aber da wars eigentlich auch schon zu spät. Wir haben umgedreht und sind zurück gelaufen, und da wurden Mari und Alessa von hinten von zwei Kerlen angefallen. Ich hab erstmal nur Lärm gehört und mich gewundert dass die Mädels nicht mehr neben mir stehen und als ich mich umdrehte sah ich auch warum. Ich dachte echt dass kann nicht wahr sein.
Am Ende hatte Alessa ihre Tasche noch, weil der Henkel abgerissen war und es dem Dieb zu lange dauerte, wohl auch weil ich auf portugiesisch sagte "Jungs, macht keinen Quatsch, in den Taschen ist nichts wichtiges drin. Was soll denn das.". Maris Tasche aber war weg, und mit ihr Kamera, Strandtuch, Bikini, Sonnencreme, und rund 30 Euro. Alles ersetzbar aber der Schock saß tief, da der Kerl Mari nicht mal die Zeit gelassen hatte die Tasche freiwillig herzugeben (was sie selbstverständlich getan hätte denn der Arsch hatte irgendwas in der Hand, wohl ein Messer) und der Lederriemen aber nicht riss, hatte Mari geschwollene rote Stellen am Nacken. Es ging alles sehr schnell und schon 15 Minuten später war das geschehene total weit weg. Ich weiss noch was der Typ für ein T-Shirt anhatte, aber das ist auch alles.
Wir sind dann schnell wieder zur Hauptstraße, wo auch zwei Männer an einem Sprinter standen die uns gesehen und gehört haben mussten aber da greift in Rio natürlich niemand ein, und nur 2 Meter weiter bog eine Gruppe Leute um die Ecke um genau dort langzugehen wo wir grad überfallen wurde, mit dem Blackberry und dem Telefon locker in der Hand als könnte nix passieren. Ich sagte noch zur der Frau sie solle da nicht lang gehen, wir seien grad ausgeraubt worden, aber sie hat nur ungläubig geguckt und ist die Straße runtergelaufen.

Wir haben dann das nächste Taxi an die Copacabana genommen und statt sightseeing lieber den Tag am Strand verbracht. Schwimmen, Bier, Sand. Das hat geholfen.
Am Abend hab ich die beiden dann zum Busbahnhof gebracht wo sie Richtung Pantanal weiter gefahren sind. Ich bin zum Flughafen und wieder zurück zur Konferenz nach Sao Paulo.

Schon am Montag erschien das Wochenende wie ein Traum. Nun ist es Freitag und schon wieder total weit weg.
Komisch.