Freitag, 22. Oktober 2010

Teil 4: Ja sind wir hier an der Nordsee?

(Teil 1, 2 & 3 wurden in den letzten Tagen veröffentlicht. Der Text sollte in der richtigen Reihenfolge gelesen werden.)

Nach einem kurzen Stint in der American Express Lounge (wir mussten schon wieder über Sao Paulo Guarulhos fliegen), saßen wir endlich im Flieger nach Florianópolis. Wir waren nicht allein. Also, natürlich ist man selten in einem Linienflug alleine, aber diesmal war es voll, und laut, ein Fotograf mit einer dieser beigen Kriegsreporter Westen ließ mit seinem Blitzlichtgewitter das Flugzeug erleuchten und die Kofferablagen waren gefüllt mit Kistenweise Wodka und Johnny Walker. Wir saßen in der Mitte eines Fußballteams.
Wie ich später durch Google herausfand ist der FC Avaí, Fußball Club der Stadt Florianópolis, Erstligist in Brasilien und hatte am Vortag ein Spiel gegen den Verein von Quayaquil, Ecuador. Bis dahin hatte ich aber erstmal viel Freude dabei den Jungs zuzuhören. Es hat keine 5 Minuten gedauert bis sie bemerkten dass wir keine Brasilianer sind und eine andere Sprache sprechen, so dass sie freimütig von „all den schönen Mädchen“ sprachen die sie in Ecuador kennen gelernt hatten, während sie auf einem der Klapptischchen Karten spielten: „Wenn die 'nen richtigen Mann gewollt hätte, hätte die jawohl mich genommen und nicht unseren Zwerg… Die blöde Kuh.“, sprach einer enttäuscht und rückte noch einmal sein verdrehtes und bloß locker auf dem Kopf aufliegendes Baseball Cap gerade.

Nur wenig später waren wir gelandet und holten unseren bei Avis reservierten Mietwagen ab. Zur Sicherheit haben wir noch sämtliche Versicherungen dazu gekauft… Unsere Pousada [Puh-sada; etwa eine Pension] lag nicht weit weg vom Flughafen am Atlantikstrand Campeche und dank einer genauen Wegbeschreibung die mir von einer Mitarbeiterinnen der Pousada „Natur Campeche“ geschickt worden war haben wir sie auch schnell gefunden. Mal wieder war ein ganzer Tag mit Reisen vertan worden, also bezogen wir unsere Zimmer und gingen zum Abendessen in ein Sushi Restaurant in der Nähe, sehr zur Freude meines Vaters.

Am nächsten Tag nach dem Frühstück, bei welchem die Köchin für meine Mutter auf Anfrage ihr erstes weich gekochtes Ei zubereitete, bezogen meine Eltern noch schnell ein anderes Zimmer. Ich hatte eigentlich die Mittelkategorie bestellt (oder bestellen wollen… bin mir nicht mehr sicher), aber sie waren in einem einfachen Zimmer gelandet was für eine Woche dann doch zu eng gewesen wäre.
Danach ging es zum Strand. Bis dorthin sind es nur 50m, eigentlich perfekt, wäre da nicht das Wetter gewesen. Es war bewölkt und windig und für meinen, an 35°C gewöhnten, Körper auch recht kühl. Es hatte ein bisschen was von Nordsee im April. So hatten wir das nicht geplant. Anstelle also faul am Strand rum zu liegen und zu lesen nahmen wir unser Autochen und machten eine Inseltour. Von unserem Dorf zur Stadt Florianópolis und von dort an allen Dörfern und Stränden vorbei bis zur touristisch geprägten und vor Villen nur so strotzenden Nordspitze und dann an dem Inseleigenen großen Binnensee „Lagos da Conceição“ vorbei wieder zurück. Unterwegs haben wir ein paar Mal für Spaziergänge und Kaffee angehalten und haben somit viel gesehen und einen schönen, wenn auch kühlen, Tag verbracht. Wieder in der Pousada haben wir uns den Jacuzzi anstellen lassen (welcher wegen des kühlen Wetters allerdings eine gute Stunde zum aufwärmen brauchte). Während es meiner Mutter für baden zu kalt war, haben mein Vater und ich uns in das bald sehr warme sprudelnde Wasser gesetzt und gequatscht.

Zum Abendessen sind wir auf das die dem Festland zugewandte Seite der Südspitze in das Dorf Ribeirão da Ilha gefahren um dort wo die ersten Siedler auf Florianópolis ankamen Austern und Fisch zu essen. Die Austernzucht und die dazugehörigen Gastronomiebetriebe machen das Dorf für Touristen attraktiv und da wir alle gern Fisch, und mein Vater im Speziellen gern Austern, essen, besuchten wir das von unsere Pousada empfohlene Restaurant „Porto de Contrato“ mit Tischen direkt am Wasser.
Zur Vorspeise gab es für meinen Vater eine „Sequencia de Ostras“, also quasi eine Austernplatte mit 24 Austern in verschiedenen Zubereitungsarten (von jeder 2). Angefangen vom Shotglas mit Auster in Tomatensaft über die klassischen rohen oder auch gratinierten Austern bis hin zu Austern mit Basilikum oder Kokosnussmilch war alles dabei. Mama und ich haben uns Gambas mit Knobi geteilt (das war gut so, die Portion war sehr groß) aber auch bei den Austern mit gegessen. Die klassischen, rohen Austern mit Zitrone waren nach Ansicht meines Vaters nach wie vor die besten, worauf er bevor die Hauptspeise kam noch mal 6 rohe nachbestellte.
Für den Hauptgang hatte ich mir gewünscht mit meiner Mutter eine Moqueca, einen klassischen Fischeintopf mit Kokosmilch, Paprika, Dendê Öl und festem Fisch im Tontopf, zu teilen, da es die nur für zwei Personen gab. Die Idee gefiel ihr, und da wir ahnten dass schon die Sequencia de Ostras Papa ziemlich satt machen würde beschlossen wir dass der Eintopf auch für uns drei zusammen reichen würde. Eine gute Wahl denn der Fischtopf war riesig und wurde mit einem kleinen Salat, Reis, Farofa [Fa-„raw“-fa, geröstetes Maniokmehl] und Co. serviert. Dazu hatten Mama und ich noch ein frisch gezapftes „Eisenbahn Pils“, das einzige brasilianische Bier das nach deutschem Reinheitsgebot gebraut wird und aus der südbrasilianischen Stadt Blumenau stammt, wo dieser Tage kräftig Oktoberfest gefeiert wird. Wir waren alle pappsatt.

Am nächsten Tag hatten wir etwas mehr Glück mit dem Wetter. Wir verbrachten den Vormittag am Strand und als die Wolken aufzogen machten wir uns auf den Weg die Südspitze der Insel zu erkunden. Natürlich nicht ohne für eine Kokosnuss anzuhalten, die es an einem Kliff mit Blick auf den tobenden Atlantik gab.
Am Abend machten wir einen Spaziergang durch das Städtchen am Binnensee Lagoa und suchten uns ein Restaurant wo es für meinen Vater noch mal Austern gab und dann leckere Linguado (Scholle oder auch Flunder) aus dem Südatlantik. Trotz leicht gekippter Stimmung da es, wie lokal üblich, anscheinend nur überbackene und in Sauce schwimmende gegrillte Fische gab, konnte ich meinen Vater am Ende doch davon Überzeugen dass man im eher Serviceorientierten Brasilien alles so haben kann wie man will, woraufhin ich im eine schönes, gegrilltes Filet der Linguado bestellte, mit der Kräutersauce extra serviert so dass er sie probieren konnte aber der Fisch garantiert nicht mehr schwamm oder gar ersauf. So waren am Ende alle glücklich.

Am Tag darauf war auch schon wieder Sonntag. Ich verbrachte den Vormittag mit meiner Mama am Strand während mein Vater nach all dem Eiweiß und Eisen aus Austern und Fisch der letzten drei Tage leider etwas litt und lieber am Pool im Schatten blieb.
Nachmittags ging mein Flieger via Sao Paulo Congonhas zurück nach Goiânia, wo ich um 21h ankam.

Heute ist schon Dienstag und ich arbeite die Woche während meine Eltern noch ein paar Tage Florianópolis und seine Strände genießen. Das Wetter müsste dort jetzt durchweg sonnig sein. Am Donnerstag geht es für die beiden nach Rio de Janeiro weiter, wo ich am Freitagabend auch hinfliegen werde.
Wir werden dort noch einen schönen Freitagabend und Samstag verbringen bevor sie um 23h Samstagabend in den Flieger Richtung Paris Charles de Gaulle steigen und am Sonntagnachmittag wieder zu Hause in Leverkusen sind. Ich fliege dann um 23:30h vom selben Flughafen nach Hause nach Goiânia um den Sonntag zu genießen. Aber davon dann mehr, wenn es soweit ist.

(Fotos folgen bald. Die hat alle meine Mutter.)

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